EigenerText: Identitätsentwicklung – Selbstfindung und der Weg zu sich selbst

übertragen von proceeding-alteration

Dieser Text mag vielleicht ein bisschen Gehirnakrobatik beinhalten, ist aber meiner Meinung nach mit viel Erkenntnis angereichert und geht den Fragen auf den Grund, „wer bin ich, wer will ich sein, welches der vielen möglichen Leben/Lebensentwürfe ist das/der Richtige für mich, was hat meine Identität mit meinen sozialen Kontakten zu tun, wie geh ich mit den unbegrenzten Möglichkeiten um und kann ich mein Leben verändern oder so werden wie mein Idol, oder so wie ich immer sein wollte?“
Der Text baut inhaltlich auf einander auf, sodass es womöglich verwirrend sein kann, wenn man in der Mitte einsteigt (vielleicht auch nicht, ich habs noch nicht probiert^^). Der Text ist in einzelnen Punkten aufgeschrieben, damit man inhaltlich nicht durch einander kommt.

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Wer bin ich – die Frage nach der Identität

  • Eine bestimmte Identität bedingt bestimmte Verhaltensweisen.

  • Verschiedene Einstellungen, Haltungen, Vorlieben, Wünsche, Emotionale Reaktionen und Loyalitäten machen unsere Identität aus.

  • Unsere Einstellungen und Vorlieben… aber wiederum sind Ergebnis der Auseinandersetzung mit unserem Umfeld und den Menschen in diesem Umfeld.

  • Je nachdem wie viel Kontakt oder Austausch wir nun mit der ein oder anderen Person haben, setzen wir uns mehr oder weniger mit dieser Person auseinander. Diese Auseinandersetzung aber stiftet letztlich unsere Identität.

  • Wir sind also nicht einfach der, der wir sein wollen, sondern wir sind der, der wir in der Auseinandersetzung mit unseren Bezugspersonen geworden sind.

  • Das heißt, dass unsere Identität direkt durch unsere Bezugspersonen und unser Umfeld bestimmt wird.

Von der festen Rolle zu den unbegrenzten Möglichkeiten

  • Früher war meist klar, in welchem Umfeld man lebt, zu welcher Gruppe man gehört und mit welchen Personen man sich entsprechend auseinander setzt.

  • Heute gibt es diese klare Zuordnung nicht mehr, wodurch auch die klar festgeschriebene Identität nicht mehr in diesem Maße vorhanden ist.

  • Heute kann ich entscheiden, mit wem will ich mehr zu tun haben will und mit wem weniger. Durch die technischen Möglichkeiten, durch die enorme Mobilität und durch außerhäusliche Erziehungseinrichtungen, wie Schulen, Kindergärten etc. strömen sehr viel verschiedene Informationen auf uns ein und auch eine Fülle verschiedener Lebensentwürfe, mit denen wir uns potentiell identifizieren können.

  • Das heißt mein Umfeld und die Personen mit denen ich mich auseinander setze sind nicht mehr eine homogene Gruppe, sondern sind sehr unterschiedliche Menschen, deren Einstellungen sich teilweise auch entgegen stehen.

  • Heute kann ich selbst entscheiden, welche Personen meine Identität prägen sollen, indem ich mehr Zeit mit diesen zubringe bzw. mich mit diesen vermehrt auseinandersetze.

  • Ich kann also selbst bestimmen wer ich sein möchte, indem ich den Umfang der Auseinandersetzung mit verschiedenen Menschen bestimme.

Die Identitätskrise – auf der Suche nach sich selbst

  • Woher aber soll ich wissen, wer ich sein möchte?

  • Denn meine Vorlieben für bestimmte Lebensentwürfe, sind wiederum durch die Personen in meinem Umfeld geprägt.

  • Ein „Teufelskreis“!

  • Ich kann mich frei entscheiden wer ich sein möchte, bin aber gleichzeitig nicht in der Lage diese Entscheidung unbeeinflusst zu treffen.

  • Da eine bestimmte Identität bestimmte Verhaltensweisen bedingt, kann eine entsprechend unklare Identität zu unsicherem Verhalten führen,

  • oder dazu, dass man nicht weiß, wer man ist und wie man sich verhalten soll und sich dann auf die Suche nach sich selbst macht.

  • Wie aber kann man sich selbst finden, und vor allem, wo findet man sich selbst? Kann man das eigene Selbst in einem selbst finden?

Die „Prägung“ entscheidet wer du bist

  • Wenn wir uns überlegen, dass unser Selbst, also unsere eigene Identität, von unseren Bezugspersonen abhängt, also den Personen, mit denen wir uns in unserem Entwicklungsprozess auseinandersetzen, dann wird klar, dass wir unser Selbst in den Auseinandersetzungen mit diesen Menschen suchen müssen.

  • Die Frage muss also eigentlich anders gestellt werden. Nicht wie finde ich zu mir selbst, sondern wie finde ich heraus, wer mich wie und wie stark geprägt hat?

  • Besonders stark prägen uns natürlich, trotz der vielen zusätzlichen Einflüsse, die Eltern und die enge Familie. Auch wenn in manchen Fällen der Kontakt vielleicht nicht so intensiv ist, spielt die Familie im eigenen Leben doch eine sehr große Rolle.

  • Menschen können uns nicht nur positiv, sondern auch negativ prägen. Das heißt durch den Umgang mit einer Person können wir nicht nur Vorlieben und neue Interessen erwerben, sondern auch Abneigungen und negative Vorstellungen davon wie wir nicht sein wollen.

  • Je mehr Raum Menschen im eigenen Leben einnehmen und je positiver wir sie bewerten, desto mehr prägen sie uns

Wer hat mich alles geprägt

  • Wir bewerten Menschen positiv, wenn wir merken, dass ihr Verhalten erfolgreich ist und entsprechend von ihnen beeindruckt sind. Gleichzeitig bewerten wir Menschen positiv die uns gute Gefühle geben, also auf uns eingehen, mit unseren Zielen verbunden sind oder stark sind und wir uns auch stark fühlen, wenn wir uns mit ihnen identifizieren.

  • Wenn ich also nach meiner Identität suche, ist es sinnvoll, wenn ich mich frage, wer mich alles geprägt hat und welche Vorlieben und Einstellungen ich von wem übernommen habe.

  • Gleichzeitig sollte ich mich aber auch fragen, welche Lebensumstände prägend für mich waren. Welche Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen. Lebensumstände materieller Art sind für mich auch zwischenmenschliche Umstände, da sie immer Resultat eines gesellschaftlichen Prozesses sind, der wiederum durch die Auseinandersetzung vieler Menschen miteinander bestimmt ist und damit auch wieder eine prägende Beziehung der Menschen in der Gesellschaft und mir herstellt.

  • Wenn ich wiederum die Umstände und Einflüsse betrachte, die die Menschen in meinem Umfeld beeinflusst haben, kann ich besser verstehen und annehmen, warum sie mich wiederum auf diese und jene Art und Weise geprägt haben.

  • Was es teilweise erschwert eine stabile Identität zu entwickeln ist der Umstand, in einem Umfeld aufzuwachsen, das man selbst nicht positiv bewertet oder das emotional ganz anders tickt als man selbst. Hier ist es sinnvoll sich als Ausgleich Leute zu suchen, die einem ähnlicher sind.

Das bin ich – und meine Emotionen

  • Wenn ich weiß, wer mich alles im Bezug auf welche Einstellungen, Vorlieben, Werte etc. wie und wie stark beeinflusst hat, dann weiß ich grob wer ich momentan bin.identity-510866_1280

  • In der Auseinandersetzung mit diesen Menschen habe ich auch emotionale Antworten auf bestimmte Umweltreize erworben.

  • Unsere Emotionen sind aber auch ein Stück weit, von unserem Temperament, sowie von unserem Wissen und unseren emotionsregulatorischen Fähigkeiten beeinflusst (das verstärkt unsere emotionale Antwort in manchen Bereichen – und gegenüber manchen Menschen – und schwächt sie manchmal ab).

  • Unsere Emotionen sorgen dafür, dass wir im Umgang mit bestimmten Menschen eher positive Emotionen empfinden, als im Umgang mit anderen Menschen.

  • Damit bevorzugen wir den Umgang mit einem bestimmten Typ Menschen, womit wir den Einfluss auf unsere Identität durch unsere Mitmenschen beschränken.

Stabilität und Veränderbarkeit von Identität

  • Durch diese Emotionen und durch die Beschränkung der Auseinandersetzung mit Menschen, die in uns wenige oder negative Emotionen auslösen, schreiben wir letztlich unsere Identität fest. Und allen Menschen gegenüber, mit denen wir uns in der Folge unserer Emotionen nicht identifizieren können, stehen wir wenig empathisch und wenig verständnisvoll gegenüber.

  • Unsere Identität ist also nicht beliebig veränderbar und flexibel !

  • Allerdings können wir jederzeit unsere Identität erweitern, indem wir uns auch mit Menschen auseinander setzen, die bei uns vielleicht eine negative Emotion auslösen, in dem Sinne, dass wir uns unwohl oder unsicher fühlen (Leute die wir aufgrund ihres Verhaltens negative bewerten, werden ja wahrscheinlich nicht in unsere Zielgruppe fallen – es sei denn man will diese Menschen besser verstehen und empathischer werden).

Anpassung oder starsinn?

  • Mit manchen Entscheidungen im Leben, verändere ich mein Umfeld. Bei manchen Entscheidungen, wie beispielsweise einem Wohnortswechsel oder einem Schulwechsel oder bei der Berufswahl wähle ich oft eine bestimmte Gruppe oder Art Menschen mit, womit ich sehr wahrscheinlich auch Umgang mit Menschen haben werde, die negative Emotionen in mir auslösen. Was wiederum dazu führen kann, dass strukturelle Veränderungen in unserem Leben dazu führen, dass wir unsere Identität weiter entwickeln (müssen/können).

  • Da wir uns auch immer wieder mit Menschen arrangieren müssen, denen wir lieber aus dem Weg gehen würden, ist es notwendig sich auch anzupassen und sich auf den Gegenüber einzustellen, auch wenn wir dabei ein bisschen von unseren Idealen abrücken müssen.

  • Zu weit von unseren Idealen sollten wir uns aber nicht entfernen, denn übertriebene Anpassung, also Anpassung die auf Dauer konträr zu unseren Emotionen steht, tut uns nicht gut und brennt nur aus und frustriert. Außerdem ist eine einigermaßen stabile Identität wichtig, damit wir überhaupt sinnvoll leben und uns verhalten können. Denn ohne die Orientierung an unserer eigenen Identität hätten wir überhaupt keinen Maßstab mehr an dem wir unser Handeln ausrichten könnten, was zu extremer Unsicherheit führen würde. Daher müssen wir uns auch mal abgrenzen und anderer Meinung sein.

  • Identität ergibt sich nämlich aus Zugehörigkeit und Zugehörigkeit ergibt sich erst durch Abgrenzung nach außen. Und ohne Abgrenzung würde die Orientierungsfunktion von Gruppe und Identität verloren gehen. Daher darf man auch gerne mal widersprechen, jemanden nicht mögen, die eigene Identität besser finden (solange man trotzdem respektvoll mit anderen Menschen umgeht !!!).
  • Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass man das Umfeld findet, das gut zu einem passt, oder in das man selbst gut hinein passt. Eckart von Hirschhausen veranschaulicht das mit dem „Pinguin Prinzip“ sehr schön.

Die eigene Identität festigen

  • Entsprechend ist es wichtig, dass man sich ein Umfeld sucht, mit Menschen, die zu einem passen und wo man sich wohl fühlt.

  • Hat man sich dieses Umfeld gesucht, hat man die Menschen mit denen man sich auseinandersetzt einigermaßen festgelegt und damit auch die eigene Identität gefunden, aber auch festgelegt.

  • Diese Identität wiederum begrenzt wer man sein kann und welche Träume und Wünsche man haben kann. Das ist gut, da es die Zahl der unendlichen Möglichkeiten begrenzt, was Überforderung vorbeugt. Gleichzeitig ist es vielleicht auch schade, da es die Illusion der unendlichen Freiheiten und Möglichkeiten beschränkt und so manchen Traum verblassen lässt.

  • Um eine stabile Identität zu entwickeln, die einem Sicherheit gibt und einem Selbstbewusstsein im Handeln verleiht, braucht es ein stabiles und stetiges Umfeld (oder zumindest konstant prägenden Einfluss z.B. durch selektiven Input anhand bestimmter Medien etc.).

Weitere Fragen zur Identität

  • Wächst man in einem wenig konstanten Umfeld mit viel Wechsel und vielen sehr unterschiedlichen Menschen auf, wird man womöglich mehr Empathie entwickeln, gleichzeitig aber auch eine nicht so stabile Identität aufweisen, was es womöglich erschwert sich gegenüber anderen zu behaupten. Auf der anderen Seite macht diese weite Identität flexibler und anpassungsfähiger. Hat also alles seine Vor- und Nachteile.

  • Wir übernehmen ja in erster Linie Verhaltensweisen von Menschen, die wir positiv bewerten. Wenn wir nun in einer modernen Welt sehr viele verschiedene Einflüsse haben, kristallisiert sich dann vielleicht ein universal positives Verhalten oder eine universelle Identität heraus? Oder wird unser Verhalten so differenziert und vielseitig, dass wir in den verschiedensten Situationen gut handeln können?

    Das ist leider eine Frage die ich nicht beantworten kann. Ich kann nur mutmaßen. Ich glaube nicht, dass dies eintreten wird. Während der meisten Zeit der menschlichen Evolution haben wir nämlich in kleinen Gruppen gelebt, weshalb unser Gehirn lediglich in der Lage ist Beziehungen zu durchschnittlich 148 Personen herzustellen und zu unterhalten. Das heißt das regelmäßiger Austausch und wechselseitige Beeinflussung besteht (vgl. Dunbar Zahl). Entsprechend ist die Vielfallt und Unterschiedlichkeit an Einflüssen vielleicht größer, womit tatsächlich differenzierteres Verhalten entstehen könnte, gleichzeitig ist der tatsächliche Einfluss biologisch begrenzt und somit auch die Komplexität unserer Identität.

    Ich kann mir jedoch vorstellen, dass sich durch intensiven globalen Informationsfluss universelle Ideale herausarbeiten könnten. Da es jedoch im Wesen von Gruppen liegt sich nach außen abzugrenzen sowie im Wesen des Menschen Informationen selektiv aufzunehmen und dabei möglichst Informationen zu suchen, die die eigenen Ansichten bestätigen, glaube ich nicht, dass die Menschheit insgesamt zu einer halbwegs homogenen Gruppe werden kann.

  • Ich denke also, dass es zwischen verschiedenen Milieus oder Gruppen immer wenig Austausch oder Beeinflussung geben wird, womit eine Abgrenzung unvermeidbar ist, sowie die damit einhergehende positive Bewertung der eigenen Identität und Gruppe, sowie die Abwertung anderer Gruppen und Identitäten. Diese Abgrenzung ist aber auch notwendig um die eigene Gruppe und Identität zu stabilisieren. Es wäre allerdings wünschenswert, dass die Idealisierung der eigenen Identität soweit reflektiert wird, dass andere Identitäten akzeptiert werden und resprektvoll mit ihnen umgegangen wird.

  • Das Erwerben von Reflexionsfähigkeit, sowie das Wissen um diese Prozesse kann jedoch dazu führen, dass wir uns dieses Phänomens bewusst sind und entsprechend versuchen dieses Defizit durch angepasstes Verhalten auszugleichen um friedlich und respektvoll miteinander koexistieren zu können.

  • Da für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das konstruktive und gerechte zusammenwirken gegenseitiges Vertrauen und Verständnis, sowie eine gemeinsame Identität notwendig ist, ist es hilfreich andere Ansichten besser kennen zu lernen und den Kontakt nicht zu scheuen, da sonst nur unrealistische Vorurteile entstehen, die leicht negativ missbraucht werden können um Stimmung gegen eine andere Gruppe zu machen. Deshalb ist es gut, wenn beispielsweise Bildungsintsitutionen Begegnungsmöglichkeiten schaffen.

Fazit

  • Insgesamt lässt sich sagen, orientiere dich an deinen Emotionen und überlege dir anhand deiner Emotionen was dir wichtig ist, wer dir wichtig ist, mit wem du deine Zeit verbringen willst und versuche auf einer kognitiven Ebene ein bisschen Verständnis und Einblick in andere Lebenswelten zu finden, dann steht einem zufriedenen Leben mit einer Zugehörigkeit, also einer Gruppenidentität, nichts im Weg. Wenn du wenig positive Emotionen im Umgang mit Menschen findest, solltest du vielleicht nach anderen Leuten suchen, oder versuchen deine Sozialen Kompetenzen auszubauen, damit dir der Umgang mit anderen Menschen mehr Spaß macht und du deine eigenen Bedürfnisse im Umgang mit anderen auch besser durchsetzen kannst.

  • In diesem Sinne wünsche ich eine gute Selbstfindung 🙂

und die Zusatzfrage: Kann Identität Reflexion verhindern? (ich kenne die Antwort noch nicht)

verfasst von Johannes Supertramp

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2 Gedanken zu “EigenerText: Identitätsentwicklung – Selbstfindung und der Weg zu sich selbst

  1. Das ist eine interessante Zusammenfassung, die verschiedene Gesichtspunkte der Identitätsentwicklung aufzeigt. Schwierig ist tatsächlich die Frage nach dem Umfeld, in dem man sich wohl fühlt, mit dem man sich identifiziert, das einen aber auch im Umkehrschluss prägt. Das Wechseln ist sehr schwierig, ich muss hier immer an Foucault und seine Theorie des Habitus denken. Gleichzeitig hat Identität m.E. viel mit den eigenen Stärken und Fähigkeiten zu tun. So kann mich eine Gruppe ausschließen, obwohl sie mich vielleicht mal prägte oder ich mich ihr zugehörig fühle, weil ich plötzlich zum Mathe-Genie werde oder Geige spielen kann wie sonst keiner. Talente sind ein großes Stück Identität und ich meine, wenn ich meine Fähigkeiten kenne, habe ich ein großes Stück Identität gewonnen.

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