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Wie in dem kürzlich veröffentlichen Artikel „Ausgeglichene Motive oder emotionaler Mangel?“ beschrieben, ist es wichtig, dass unsere Motive nicht zu einseitig ausgeprägt sind, da wir sonst in unserem emotionalen Erleben in manchen Bereichen einen Überschuss und in anderen Bereichen einen Mangel erleben. Bei einseitigen Motiven und Verhalten werden wir nicht umfassen zufrieden und glücklich sein können. Die drei wesentlichen menschichen Motive, das Erleben von Leistung, Macht und Bindung, sind allesamt wichtig um ein ausgeglichenes und zufriedenes Leben aufbauen zu können.
Ist unser Leistungsmotiv stark ausgeprägt werden wir zwar erfolgreich aber einsam und in unseren Bedürfnissen missachtet sein, ist unser Machtmotiv stark ausgeprägt, können wir unsere Wünsche und Bedürfnisse gut durchsetzen, werden aber weiterhin einsam und erfolglos sein. Ist unser Bindungsmotiv stark ausgeprägt, sind wir zwar nicht einsam, aber erfolglos und missachten zu sehr unsere Bedürfnisse für die der anderen. Das heißt wir müssen alle Motive gleichermaßen kultivieren.
Welchen Einfluss haben unsere Motive aber auf unsere Beziehungen und die Bindung an andere Menschen? Natürlich ist jedes der drei Motive irgendwo geeignet um mit anderen Menschen in Beziehung zu treten, aber diese drei Motive unterscheiden sich sehr stark in der Art und Weise wie wir miteinander in Beziehung treten und bestimmen damit die Art der Bindung zu einander. Die Art der Bindung bestimmt wiederum wie zufrieden wir in unseren Beziehungen sind und wie aufgehoben und verbunden wir uns in Beziehungen mit anderen Menschen fühlen.
Leistungsmotiv und Bindung
Ist unsere Interkation von unserem Leistungsmotiv geprägt, werden wir in erster Linie Zeit mit anderen Menschen verbringen, wenn wir gemeinsame Projekte oder Interessen haben, gemeinsame Ziele anstreben und werden uns überwiegend über gemeinsame Interessen und unpersönliche Sachverhalte austauschen. Dominiert werden diese Interaktionen von dem Wunsch Anerkennung zu bekommen und eigene Fähigkeiten und Kompetenzen zu demonstrieren bzw. einzubringen und dem Sehnen danach, dass andere Menschen uns besonders interessant und toll finden und sich für das was wir tun bewundern. Zentral für dieses Motiv ist das Grundbedürfnis nach Selbstwerterhalt und Selbstwerterhöhung. Gerade für Menschen die sich schwer tun durch Leistung Selbstwert zu generieren, bekommt das Thema Status und Statussymbole einen besonderen Stellenwert.
Signifikant für dieses Interaktionsverhalten ist eine gewisse Fokussierung auf die eigene Person und den eigenen Selbstwert, sowie häufig wenig ausgeprägte soziale Kompetenzen mit einer gewissen Selbstidealisierung die bis zum Narzismus führen kann. Es werden klare Strukturen bevorzugt, die jederzeit transparent machen, was von einem erwartet wird und auf einer sachlichen Ebene bleiben. Gefallen entsteht durch gemeisterte Aufgaben, das Beweisen der eigenen Kompetenz/Brillianz oder gewonnenen Wettkampf.
Leistung bringt Anerkennung und Bewunderung.
Machtmotiv und Bindung
Ist unsere Interaktion in erster Linie von unserem Machtmotiv geprägt, dann werden wir in erster Linie Zeit mit anderen verbringen, wenn wir von einander abhängig sind in dem Sinne, dass wir unsere Bedürfnisse und Interessen nur mit der Hilfe der anderen erfüllen können da wir z.B. für einander wichtige Aufgaben erfüllen oder Verantwortung abgeben die uns unangenehm ist. In diesen Interaktionen geht es sehr stark darum den anderen dahingehen zu beeinflussen, dass er unsere Bedürfnisse befriedigt und gleichzeitig geht es darum dem anderen seine eigenen Grenzen klar aufzuzeigen und abzustecken. Dominiert werden diese Interaktionen von stark wertenden bis abwertenden Aussagen und dem erzeugen eines schlechten Gewissen sowie dem aufbauen einer moralischen Komponente die den anderen zu einem gefolgsamen Verhalten drängt. Dieses Verhalten geht mit einer manipulierenden Vergabe von positivem Feedback oder wohl limitierter Unterstützung bei gleichzeitigem Wissen um die Abhängigkeit des anderen (sei es materieller oder emotionaler Art) von einem selbst, einher. Zentral für dieses Motiv ist das Grundbedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, da man großt möglichen Einfluss auf andere auszuüben versucht und gleichzeitig die gemeinsame Identität und Weltanschauung maßgeblich (durch Bewertung) definiert.
Signifikant für dieses Interaktionsverhalten ist eine Fokussierung auf die eigenen Interessen, sowie eine ausgeprägte Selbstüberschätzung und eine wenig ausgeprägte Empathie. Verantwortung für Schwierigkeiten und Probleme sowie deren Lösungen werden hierbei nahezu ausnahmsweise auf andere übertragen. Bevorzugt werden unübersichtliche soziale Verstickungen mit latenten emotional beladenen Konflikten. Gefallen entsteht durch „gewonnene“ Auseinandersetzungen.
Macht bringt Respekt (eigene Anliegen werden von anderen beachtet)
Bindungsmotiv und Bindung
Ist unsere Interaktion in erster Linie von unserem Bindungsmotiv dominiert, dann werden wir in erster Linie Zeit mit den Sorgen und Nöten anderer Menschen verbringen und Interesse für das emotionale Erleben anderer Menschen aufbringen und uns damit auf einer sehr persönlichen Ebene bewegen. Da es in diesen Interaktionen besonders darum geht Emotionen miteinander zu teilen und darüber Nähe und Vertrauen herzustellen, spielt hierbei eine ausgeprägte Empathie eine große Rolle. Dominiert werden diese Interaktionen von dem Wunsch gemocht und verstanden zu werden und dem Anspruch respektvoll mit den Emotionen anderer umzugehen, so wie man es sich auch von dem Gegenüber wünscht. Es geht auch darum durch das teilen gemeinsamer Emotionen Nähe, Vertrauen und Bindung herzustellen um so negative Emotionen als weniger bedrohlich wahrzunehmen. Zentral für dieses Motiv ist das Grundbedürfnis nach Bindung und menschlicher Nähe.
Signifikant für dieses Interaktionsverhalten ist die Fokussierung auf besonders stark emotional beladene Sachverhalte, sowie wenig Abgrenzung gegenüber dem Erleben anderer Menschen, als auch ein unausgesprochener Selbstanspruch verantwortlich für andere Menschen zu sein. Bevorzugt werden Situationen in denen sich der Gegenüber mit seinen Emotionen öffnet und sich in seiner Bedürftigkeit zeigt. Gefallen entsteht dadurch von dem anderen gebraucht zu werden.
Bindung bringt Liebe und Vertrauen
Die gelungene Interaktion ist nicht einseitig
Wenn wir diese Motive zu einseitig in einer Interaktion anbringen, wird das über kurz oder lang sehr problematisch werden und zu seltsam verstrickten Beziehungen führen (also zu ungesunden Bindungen, welche auf wechselseitigen Abhängigkeiten, Unehrlichkeit, Unauthentizität und auf starken Hierarchien basieren). Überwiegt das Leistungsmotiv in der Interaktion werden wir uns einsam und unbeachtet fühlen, obwohl wir im Austausch mit anderen Menschen sind. Dominiert das Machtmotiv, werden wir zwar beachtet aber nicht geliebt und nicht bewundert. Ist das Bindungsmotiv zu dominant, werden wir leicht manipuliert, wird uns Verantwortung zugeschoben, die nicht unsere ist und unsere eigenen Bedürfnisse werden missachtet.
Eine gesunde Bindung ist dynamisch. Das heißt verschiedene Motive sind gleichermaßen oder in einem gesunden Wechsel aktiv, genau wie sich die Rollen je nach Situation verändern und auch zwischen den Partnern wechseln. So übernimmt mal der eine Verantwortung mal der andere, mal ist der eine stark und Richtung geben, mal der andere etc. Mal dreht sich alles um die Emotionen des einen und dann aber auch wieder um das Erleben des anderen etc.
Dieses dynamische Interaktionsverhalten erfordert eine differenzierte Wahrnehmung, Empathie aber auch die Fähigkeit sich gegenüber der Befindlichkeiten anderer Menschen abzugrenzen. Sie braucht Vertrauen in den Gegenüber, Authentizität, weiche (also keine staren absoluten) Einstellungen zu Sachverhalten und weiche Erwartungshaltungen. Aber in erster Linie sehr viel Übung!
Wie kommt man aus unguten Interaktionsmustern heraus?
Da wir alle keine Kleinkinder mehr sind, die ihr Interaktionsverhalten gerade erst entwickeln, stehen wir leider alle der Aufgabe gegenüber unser Interaktionsverhalten weiter zu entwickeln, sodass es dynamischer wird und uns positive Bindungen und ein zufriedenes Leben ermöglicht. Das bedeutet, dass wir unser Verhalten in irgendeiner Weise verändern müssen, also irgendetwas anders machen, anders wahrnehmen, anders bewerten… müssen als sonst. Denn verhalen wir uns so wie sonst auch immer, produzieren wir mit unserem Gegenüber genau diese Art von Interaktion, die wir sonst auch immer haben. Um aus unserem routinierten Verhalten auszubrechen braucht es Mut und auch Kreativität um einfach mal was neues auszuprobieren. Hier kann man viel von anderen Menschen lernen, sei es durch Beobachtung und Nachahmung oder dadurch, dass wir uns mal ganz andere Menschen als sonst suchen mit denen wir in Austausch gehen. Es gibt also viele Möglichkeiten unser Interaktionsverhalten zu verändern, das Einzige was wir uns immer wieder bewusst machen sollten ist, dass jede Veränderung Zeit braucht und wir hier ausdauernd sein müssen und uns immer wieder selbst motivieren müssen hier laufend dran zu bleiben und an uns zu arbeiten.
In diesem Sinne, wünsche ich viel Freude bei der Selbstentwicklung, welche mit Sicherheit zu mehr Lebensfreude führen wird 🙂
euer Johannes Supertramp