EigenerText: Verändern sich unsere Bindungen verändern wir uns

Menschen sind verschieden in dem was sie in ihrem Leben für Erfahrungen machen, aber in dem was uns als Mensch ausmacht, sind wir nicht verschieden. Wir haben alle die gleichen Grundbedürfnisse die wir zu befriedigen versuchen und wollen alle ein gutes Leben leben und versuchen dabei noch Sinn in dem zu finden was wir tun. Was für uns aber sinnvoll und erstrebenswert ist und was nicht, welche Ziele wir anstreben, sowie was wir bereit sind dafür zu tun, hängt stark von unserer Prägung ab. Mit Prägung meine ich unsere Bindungen zu anderen Menschen – und den über diese Bindung vermittelten Einfluss dieser Personen auf uns – und den Wunsch diesen Menschen zu gefallen, von ihnen gemocht zu werden und Anerkennung zu bekommen. Unsere Bindungen sind nämlich der Schlüssel zu unserer Identität, genau wie sie der Schlüssel zu unserer Motivation, unseren Interessen und unserem Verhalten sind.

Wer wir sein wollen, hängt von unseren Bindungen ab

Je wichtiger eine Bindung zu einem Menschen für uns ist, desto mehr sind wir bereit im Sinne dieser Bindung zu tun, umso mehr Aufwand und Engagement sind wir bereit zu geben um diese Bindung zu erhalten. Dieses Engagement geht einher mit unserer Vorstellung davon, welcher Mensch wir sein wollen und wonach wir streben, welche Eigenschaften, Verhaltensweisen und Werte uns wichtig sind.  Wir wollen nicht dieser Mensch sein, wegen uns selbst – denn wenn wir der einzige Mensch auf Erden wären, wäre es ja total egal wie oder wer wir sind – sondern wir wollen dieser bestimmte Mensch sein, da andere sich wünschen dass wir dieser Mensch sind. Dadurch dass wir entscheiden, welche Bindungen oder Bezugspersonen uns wichtig sind, entscheiden wir mit, wer wir sein wollen. Wer uns wichtig ist entscheiden wir aber oft nicht bewusst, sondern danach, smartphone-1602486_640in welchen Menschen wir Vorbilder sehen, also jemanden mit dem wir uns identifizieren können und von dem wir eine Art zu Leben lernen können, die vielversprechend und umsetzbar wirkt. Wir brauchen diese Vorbilder, da wir uns irgendwie in das soziale Gefüge integrieren müssen, einfach weil wir soziale Bezüge wünschen und brauchen, denn diese sind ein menschliches Grundbedürfnis (Bindungsbedürfnis).

Soziale Bezüge bestimmen unser Verhalten

Da wir nicht IRGENDjemand sein wollen, sondern ein JEMAND – also Bedeutung für andere Menschen haben wollen, was nur in sozialen Bezügen geht – brauchen wir diesen sozialen Bezug um uns gut zu entwickeln. Und erst wenn jemand sich um uns sorgt, weil wir ihm wichtig sind, haben wir diesen Bezug den wir als Mensch brauchen. Aus diesen sozialen Bezügen entsteht nicht nur unsere Identität, sondern auch unsere Motivation zur Bedürfnisbefriedigung.

Dadurch dass die Menschen die uns wichtig sind bestimmte Interessen, Werte und Bewertungen haben, geben sie uns eine Orientierung. Die wichtigste, in diesem Sinne prägende, Rolle spielen für uns wohl unsere Eltern, auch wenn sie vielleicht nicht präsent sind oder wir mit ihnen gebrochen haben, sind und bleiben sie weiterhin ein wichtiger Bezugspunkt. Das liegt daran, dass wir eine innerliche (mentale) Repräsentation von diesen Personen entwickeln, anhand derer wir uns vorstellen können, wie diese Personen wohl unser Verhalten empfinden/bewerten würden. Egal also ob diese Bezugsperson in unserem Leben noch eine Rolle spielt, bleibt dieser prägende Einfluss immer irgendwo vorhanden. Diese elterlichen Bezugspunkte werden ergänzt durch andere Elternfiguren, Bezugspersonen und Bindungen.

Verändern sich unsere Bindungen, wirkt sich das auf uns aus

Wenn diese Bindungen sich in irgendeiner Form verändern, beispielsweise da wir uns auseinander entwickeln und den Bezug zu einander verlieren, diese Bindungen anders bewerten, da wir enttäuscht sind, Streit haben, jemand stirbt, oder diese Person etwas tut was wir ihr nicht zugetraut haben, dann verändert sich nicht nur unser Verhältnis zu der Person, sondern auch wie wir zu dem Anteil in uns selbst stehen, der durch diesen Menschen geprägt wurde. Positive wie negative Veränderungen dieser Bindungen können großen Einfluss auf das eigene Wohlbefinden und die eigene Lebensbewältigungskompetenz nehmen.

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Machen wir negative Bindungserfahrungen schlägt sich das meist (wenn nicht viele positive Erfahrungen ausgleichen) auch in unserem Verhalten nieder. Wenn wir meinen, dass wir unsere Bindungen zu Menschen die uns wichtig sind nicht aktiv verändern können, kann dies zu Resignation, Realitätsflucht und Depression führen. Auch wenn wir versuchen diese Person gegen ihren Willen dazu zu bringen, uns mehr Zuwendung, Anerkennung oder authentisches Feedback zu geben oder eine an uns adressierte Bewertung zurück zu nehmen, kann dies destruktives Verhalten unsererseits auslösen. Auch wenn wir mit dem Verhalten einer Bezugsperson nicht einverstanden sind und keine Verhaltensänderung herbeiführen können fühlen wir uns machtlos, womit die eigene Ohnmacht nur mit einer eigenständigen Regulierung des Kontakts mit der Person verhindert werden kann.

Entsprechende emotionale Verletzungen durch Bezugspersonen, Missachtung etc. können in diesem Sinne unser eigenes Verhalten stark destruktiv beeinflussen. Also dazu führen, dass wir fremd- oder autoaggressive Verhaltensweisen zeigen (also langfristig uns selbst oder anderen schaden), und wenig feinfühlig mit fremden oder eigenen Bedürfnissen umgehen .

Feste Bindungen geben uns Stabilität, Orientierung und Motivation

Demnach können Probleme mit Bindungspersonen, oder Schwierigkeiten überhaupt Bindungen aufzubauen, Vertrauen zu fassen, Nähe zu zu lassen, Konflikte auszutragen etc. zu beispielsweise Identitätskrisen, dem Verlust von Ehrgeiz, zu Antriebslosigkeit oder dem Wunsch nach Zerstreuung und Ablenkung führen.

Da wir in einer sehr dynamischen Welt leben, in der sich vieles immer wieder verändert, ist es schwierig konstante soziale Bezüge zu knüpfen und zu erhalten. Je weniger positive, vertrauensvolle, verlässliche und konstante Bindungen wir haben, desto instabiler werden wir in unserer Persönlichkeit. Diese wichtigen Bindungen herzustellen und aufrecht zu erhalten ist eine der wichtigsten Aufgaben bei der Lebensbewältigung, wird in unserer heutigen Gesellschaft aber immer schwieriger. Ein häufig wechselndes Umfeld, eine große Zahl ständig neuer Menschen und wenig zeitliche Kapazitäten zur Pflege bestehender Bindungen tragen dazu bei.

Instabile Bindungen führen zu einer Überforderung im täglichen Leben

Durch die steigende Zahl der Bindungen nimmt entweder die Tiefe der Bindungen ab, oder wir gehen mit vielen Menschen mit denen wir interagieren gar nicht mehr in ehrlichen Kontakt. Diese Voraussetzungen machen es auch schwieriger zwischen relevanten und damit einflussreichen Bindungen und weniger relevanten Bindungen zu unterscheiden. businessman-1439049_640Dies führt oft dazu, dass wir uns schwer tun uns abzugrenzen und versuchen es allen recht zu machen, auch da wir emotional bedürftiger sind, da die emotionale „Grundversorgung“ nicht mehr so gut gewährleistet ist. Es entsteht dadurch teilweise eine innere Orientierungslosigkeit, die leichte Tendenzen in die Richtung Deprivation aufweist. Eine entsprechende Orientierungslosigkeit und fehlende emotionale Zugehörigkeit, kann dazu führen, dass wir von unserem täglichen Leben überfordert sind, da uns Sinn fehlt, wir die Motivation nicht finden, uns zwischen zu vielen Anforderungen aufreiben etc.

Bindungen müssen gepflegt werden

Wenn wir dies alles nicht wollen, sondern ein zufriedenes Leben mit Sinn, Klarheit und aktiver Lebensbewältigung anstreben, sollten wir uns mit unseren Bindungen beschäftigen, damit wer uns wichtig ist, wie wir diese Beziehungen pflegen und vertiefen können. Auch sollten wir in Konflikte hinein gehen, uns mit unseren Vertrauten auseinandersetzen und einander ehrlich Feedback geben, um so in emotionalem Kontakt mit einander zu bleiben.

euer Johannes Supertramp

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